15. Die Versammlung als Leuchter

In den ersten 5 Lektionen haben wir die Versammlung oder Gemeinde Gottes dargestellt gesehen als:

  • ein Leib, von dem Christus das Haupt ist
  • eine Braut, von der Christus der Bräutigam ist
  • eine Herde, von der Christus der Hirte ist
  • ein Haus, von dem Christus das Fundament ist
  • eine Familie, in der Christus der Erstgeborene ist
  • eine Stadt, in der Christus die Lampe ist
  • eine heilige und königliche Priesterschaft

Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, wird uns die Versammlung oder Gemeinde in einem weiteren Charakter dargestellt, nämlich als

  • ein Leuchter, dessen Aufgabe es ist, Licht zu verbreiten

Der Apostel Johannes war vom römischen Kaiser Domitian um seines Glaubens und Zeugnisses willen auf die einsame Felseninsel Patmos verbannt worden. Sie liegt im Ägäischen Meer, etwa 90 km südwestlich von Ephesus. Als er am Tag des Herrn (eigentlich an dem dem Herrn gehörenden Tag), am ersten Tag der Woche, unserem Sonntag, «im Geist» war, hörte er hinter sich eine laute Stimme wie die einer Posaune, die sprach:

«Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Versammlungen: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamus und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. Und ich wandte mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir redete, und als ich mich umgewandt hatte, sah ich sieben goldene Leuchter, und inmitten der Leuchter einen gleich dem Sohn des Menschen, angetan mit einem bis zu den Füssen reichenden Gewand, und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel … Schreibe nun, was du gesehen hast, und was ist, und was nach diesem geschehen wird. Das Geheimnis der sieben Sterne, die du in meiner Rechten gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Versammlungen, und die sieben Leuchter sind sieben Versammlungen» (Offenbarung 1,11-13; 19-20).

1. Der Herr als Richter

Offenbarung 1,19 ist der Schlüssel zum Verständnis der Offenbarung und hilft uns, dieses Buch in drei Teile einzuteilen. Im Hinblick auf den eigentlichen prophetischen Teil, der in Kapitel 4 beginnt, lesen wir: «Schreibe nun … was nach diesem geschehen wird». Es handelt sich bei diesem um die Ereignisse, die eintreten werden, nachdem die Versammlung oder Gemeinde von der Erde entrückt sein wird, um mit Christus in der Herrlichkeit zu sein. So finden wir von Kapitel 4 bis zum Schluss der Offenbarung eine Beschreibung der Wege und Handlungen Gottes vor allem mit dem Volk Israel und mit der Welt. Es wird eine Zeit furchtbarer Gerichte sein.

Die Worte: «Schreibe nun, was du gesehen hast …» zeigen uns den Herrn Jesus Christus in seiner richterlichen Funktion inmitten der Versammlungen und umfassen die Verse 9-16 des 1. Kapitels.

Die Worte «… und was ist …» umfassen die Schilderung der sieben Versammlungen in Kleinasien, die uns in den sieben Sendschreiben (Offenbarung 2 und 3) wiedergegeben ist. Es ist die Geschichte der Kirche auf der Erde, von der Zeit der Apostel bis zur Entrückung gesehen. Die Kirche wird uns da als eine Körperschaft dargestellt, die verantwortlich ist, hier auf der Erde Licht über Christus zu verbreiten. Der Herr als der strenge richterliche Beurteiler prüft diese Versammlungen nach ihrem inneren Zustand. Diese sieben Versammlungen in der römischen Provinz Asia (dem südwestlichen Kleinasien, der heutigen Türkei), stehen hier für die Gesamtheit der Versammlungen auf der Erde. Sieben ist ja die symbolische Zahl der Vollkommenheit. Wenn auch die geschilderten Zustände jeder örtlichen Versammlung damals so waren, so geht doch die Bedeutung der Sendschreiben weit darüber hinaus, und zwar in doppelter Beziehung:

  1. Der Herr zeigt darin die gesamte innere Entwicklung der Kirche von Anfang an bis zur Entrückung. Es ist besonders bemerkenswert, dass die Namen der sieben Versammlungen geradezu den Hauptcharakterzug der Kirche in einer entsprechenden Zeitepoche darstellen
  2. Die in diesen Mitteilungen enthaltenen Ermahnungen und Warnungen gelten allen Gläubigen zu allen Zeiten an allen Orten. Sie sind also alle auch für uns zur aufmerksamen Beachtung bestimmt, weil dieselben Gefahren auch unter uns ebenso wie damals vorhanden sind

Gehen wir noch einmal zurück zu Offenbarung 1,10. Johannes hörte hinter sich eine laute Stimme, so dass er sich umwenden musste. Dieses «hinter sich» hat eine ganz besondere Bedeutung. Johannes sollte den Herrn Jesus und auch die Versammlung von einer ganz anderen Seite her sehen, als es bisher der Fall gewesen war. Auch wir haben es zuweilen nötig, uns «umzuwenden», um zu sehen, dass Jesus nicht nur der liebevolle Heiland ist, sondern sich auch in anderen Charakterzügen offenbart. Wir neigen leicht dazu, nur die Dinge zu beachten, die uns angenehm und tröstlich sind, und übersehen gerne, dass es noch andere ebenso wichtige Seiten gibt. Es ist vollkommen wahr, dass Gott sich in der Hingabe seines geliebten Sohnes in Liebe und Gnade kundgetan hat; aber es ist ebenso wahr, dass Er heilig und gerecht ist und alle Feinde seines Sohnes als Schemel für seine Füsse hinlegen wird. Diese Seite wird uns in der Offenbarung vorgestellt. Es ist eine ernste Seite, doch sie ist notwendig und dient ebenfalls zur Verherrlichung Gottes und Christi, unseres Herrn.

In Übereinstimmung mit dem richterlichen Charakter des Buches der Offenbarung sieht der Seher Johannes den Herrn Jesus in einer Weise, die ihn wie tot zu seinen Füssen niederfallen lässt (Kapitel 1,17). Er sieht Ihn gleich einem «Sohn des Menschen», der jedoch die Merkmale des «Alten an Tagen» von Daniel 7 trägt (vergleiche Daniel 7,9.13 und 10,5.6). Obwohl Er Mensch ist, ist er Gott. Er trägt hier durchwegs richterliche Züge. Folgende Beispiele mögen das deutlich machen:

  1. «Angetan mit einem bis zu den Füssen reichenden Gewand» (Kapitel 1,13). Hier ist sein Gewand nicht zum Dienst an den Seinen abgelegt oder hochgebunden, wie wir es in Johannes 13 und Lukas 12 finden, sondern es reicht, als Zeichen seiner Würde, wie das hohepriesterliche Gewand, herab bis zu den Füssen
  2. Auch trägt Er den Gürtel nicht um die Lenden, sondern Er ist «an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel». Gold ist das Symbol göttlicher Gerechtigkeit, in der der Herr unbestechlich richten wird. Dabei muss die Liebe gewissermassen in den Hintergrund treten (Vers 13b).
  3. «Sein Haupt und seine Haare weiss wie weisse Wolle, wie Schnee» (Vers 14a). Das erinnert uns an den «Alten an Tagen» im Propheten Daniel, den Richter über die Weltreiche, dessen wesentliches Merkmal eine unergründliche Weisheit ist.
  4. Dass «seine Augen wie eine Feuerflamme» sind (Vers 14b), ist für unser Thema von besonderer Bedeutung. Er ist absolut allwissend, Er sieht bis ins Innerste unserer Herzen, Er beurteilt unsere Gesinnung, vor Ihm ist kein Geschöpf unsichtbar (vergleiche Hebräer 4,12.13). Er beurteilt auch die sieben Leuchter, ein Bild der Versammlungen, in deren Mitte Johannes Ihn sieht. Das ist ja das Thema dieser Lektion.

2. Israel, Gottes Leuchter

Der Leuchter als Symbol ist dem Alten Testament entnommen. Schon im irdischen Heiligtum Gottes in der Wüste, der Stiftshütte, stand der siebenarmige Leuchter aus getriebenem, reinem Gold (2. Mose 25,31-40). Sein Licht erhellte das sonst dunkle Heiligtum, und in seinem Licht verrichteten die Priester ihren Dienst. Später, im Tempel Salomos in Jerusalem, befanden sich zehn goldene Leuchter.

Die Welt lag schon damals in tiefer Finsternis; die das Volk Israel umgebenden Völker, die Nationen, waren Götzendiener. Und wenn Gott inmitten seines irdischen Volkes wohnte und dort göttliches Licht verbreitete, dann wollte Er dieses Volk dazu benutzen, das empfangene Licht weiterzugeben an die, die in Finsternis sassen. Mit einem Wort: Israel war berufen, Gottes Lichtträger, Gottes Leuchter vor aller Welt zu sein. Nur in Israel konnte man Licht über den wahren Gott, über göttliche Gedanken und Wahrheiten empfangen. Aber ach, Israel hat als Leuchter Gottes vollkommen versagt! Und als das «wahrhaftige Licht», der Herr Jesus Christus, in die Welt kam, da haben besonders die Führer der Juden die Finsternis mehr geliebt als das Licht und den Herrn der Herrlichkeit getötet.

3. Inmitten der sieben goldenen Leuchter

Mit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nach Christus durch den römischen Feldherrn Titus trat das christliche Bekenntnis, die Christenheit, als öffentlicher Zeuge Gottes an die Stelle Israels. Jetzt ist sie Gottes Leuchter auf der Erde und verantwortlich, sein Licht in dieser dunklen Welt zu verbreiten. In diesem Charakter wird die Kirche oder Versammlung in der Offenbarung gesehen.

Zudem sehen wir hier, dass jede örtliche Versammlung verantwortlich ist, an ihrem Ort ein Zeugnis für Gott zu sein. Sind wir uns dieser gemeinsamen Verantwortung bewusst? Vielleicht achten wir sorgfältig darauf, unsere persönlichen Wege nach den Gedanken Gottes auszurichten. Nun, das ist sehr gut. Aber Gott hat die Seinen auch unter eine gemeinsame Verantwortung gestellt. Er sieht die Gläubigen an einem Ort als einen Leuchter. So sollten wir Ihn als gemeinsames Zeugnis verherrlichen.

Noch ein Merkmal der Leuchter müssen wir erwähnen: Sie bestehen aus Gold. Wir haben uns in diesem Kurs schon mehr als einmal daran erinnert: Gold ist in der Schrift ein Bild göttlicher Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist ein Wesenszug Gottes. Als der gerechte Richter und Beurteiler steht der Herr inmitten der Versammlungen, um zu prüfen, ob die Seinen in ihrem persönlichen, hier aber vor allem gemeinsamen Zeugnis inmitten einer finsteren Welt ihrem wahren Charakter als Lichtträger gerecht werden. Er prüft, ob sie Licht geben oder nicht. Er ist bereit, das anzuerkennen und zu unterstützen, was von Ihm zeugt. Er ist aber auch bereit, das zu richten, was im Bereich des christlichen Bekenntnisses Ihm nicht entspricht. Seine Augen wie eine Feuerflamme schauen durch den dünnen Mantel eifriger christlicher Tätigkeiten hindurch und erkennen, ob das, was sie ausstrahlen, wirklich «Licht», eine Widerspiegelung seines eigenen göttlichen Wesens ist.

Der Herr Jesus inmitten der sieben goldenen Leuchter – es ist ein ernster Gedanke! In Matthäus 18,20 wird Jesus in der Mitte derer gesehen, die zu seinem Namen hin versammelt sind. Das ist unendliche Gnade und Segnung! Hier aber wird Er inmitten der sieben goldenen Leuchter gesehen. Das ist die Seite der Verantwortlichkeit! Ihrer und meiner – unserer Verantwortlichkeit!

4. Den Leuchter aus seiner Stelle wegrücken

Wir haben eben gesehen, dass der Herr Jesus den Zustand jeder örtlichen Versammlung beurteilt und bereit ist, mit Gericht einzuschreiten, wenn sie ihre Funktion als Lichtträger nicht erfüllt. Denn die christliche Zeitepoche ist ebenso durch Untreue und Verfall gekennzeichnet wie seinerzeit die Israels. Die sieben Sendschreiben zeigen das deutlich. Schon im ersten Sendschreiben an die Versammlung von Ephesus hören wir die ernsten Worte des Herrn:

«Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tu Buße und tu die ersten Werke; wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter aus seiner Stelle wegrücken» (Kapitel 2,4.5).

«Deinen Leuchter wegrücken» bedeutet nicht, dass Gläubige schliesslich doch verloren gehen können. Wer diesen Rückschluss zieht, beachtet erstens nicht, was Gottes Wort an anderer Stelle klar über die ewige Sicherheit des Gläubigen sagt (zum Beispiel «Niemand wird sie aus meiner Hand rauben», Johannes 10,28). Und dann beachtet er nicht den Charakter, den die Versammlung oder Gemeinde in der Offenbarung bekleidet. Sie untersteht als verantwortlicher Zeuge dem Urteil des Herrn. Wenn die Versammlung ihren durch den Verlust ihrer ersten Liebe (dem Herrn galt nicht mehr die erste Zuneigung der Herzen) gekennzeichneten Zustand nicht richten würde, dann würde der Herr ihr den öffentlichen Platz als Lichtträger Gottes wegnehmen. Das bezieht sich sowohl auf die einzelne örtliche Versammlung als auch auf die Masse der christlichen Bekenner am Ende der Gnadenzeit.

Was die örtliche Seite angeht, so müssen wir annehmen, dass Ephesus nicht Buße getan hat, denn nicht nur ihr Zeugnis, sondern auch das aller sieben damals in Kleinasien existierenden Versammlungen ist erloschen. Der Herr hat den Leuchter «aus seiner Stelle» weggerückt und an andere Orte gebracht.

Aber im umfassenden Sinn bezieht sich das zu Ephesus Gesagte auf die ganze Epoche der Kirche auf der Erde. So gesehen, bleibt der Zustand von Ephesus bis zum Ende bestehen. Das will sagen: Das Aufgeben der ersten Liebe (das heisst die Tatsache, dass Christus nicht mehr der erste Gegenstand der Zuneigung der Versammlung ist) ist bis heute, ist bis zum Ende für das christliche Bekenntnis als solches kennzeichnend, was immer auch die weiteren Folgen dieses ursprünglichen Abweichens sein mögen.

Die Antwort des Herrn darauf ist klar und eindeutig: Er wird den Leuchter aus dem christlichen Bekenntnis vollständig wegnehmen. Er ist langmütig, er warnt und zögert mit der Ausführung des Gerichts wie einst bei Israel. Ist aber einmal der Zustand von Laodizea (Kapitel 3,14-22) erreicht und zur Reife gekommen, dann wird der Herr das tote Bekenntnis ausspeien aus seinem Mund. Wie überaus ernst ist das! Dieser Zustand wird im Sendschreiben an Laodizea beschrieben. Wir werden uns mit dieser Botschaft noch näher beschäftigen.

5. Die prophetische Bedeutung der sieben Sendschreiben

Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass die Briefe an die sieben Versammlungen eine Bedeutung mit einschliessen, die weit über die damals aktuelle, historische Anwendung hinausgeht. Sie bieten nicht nur einen höchst lehrreichen Einblick in den damaligen Zustand der einzelnen Versammlungen Asiens (einer römischen Provinz), sondern geben uns darüber hinaus einen prophetischen Überblick über den Zustand der ganzen bekennenden Christenheit in sieben verschiedenen, zum Teil aufeinander folgenden Perioden ihrer Geschichte.

  1. Ephesus (Kapitel 2,2-7)
    (Geliebte, Liebliche. Hauptstadt der Provinz Asien, mit dem berühmten Tempel der Artemis). Dieses Sendschreiben gibt uns ein Bild der Kirche zur Zeit des letzten der Apostel bzw. kurz nach dessen Ableben bis zum Jahr 167 n. Chr. Positives Merkmal: Ablehnung des Bösen, Aufrechterhaltung der göttlichen Ordnung. Negatives Merkmal: das Aufgeben ihrer ersten Liebe, ihrer geistlichen Frische in Form einer innigen Zuneigung der Herzen zum Herrn Jesus.
  2. Smyrna (Kapitel 2,8-11)
    (Bitterkeit. Hauptstadt Ioniens in Kleinasien, Hafenstadt am Ägäischen Meer). Diese Versammlung gibt uns ein Bild der leidenden Kirche. Diese Periode, während der die Christen von den Römern bis aufs Blut verfolgt wurden, erstreckte sich von 167 bis 313 n. Chr. Satan versuchte, die junge Kirche durch Verfolgung bis zum Tod auszurotten. Doch das Blut der Märtyrer war noch immer der Same der Kirche. Der Herr muss bei dieser Versammlung nichts tadeln.
  3. Pergamus (Kapitel 2,12-17)
    (Hochburg, Residenz. Stadt in Mysien. Urheimat des Pergamentes). Unter diesem Namen wird uns berichtet, wie die Kirche unter Konstantin dem Grossen staatlich anerkannt wurde. (ca. 313-600 n. Chr.) Nach Aufhören der Verfolgungen «vermählte» sie sich mit der Welt. Dadurch wohnte der Satan bei ihnen. Heidnische Gebräuche und Feste wurden zu christlichen Festtagen. Vermischung von heidnischen und christlichen Elementen. Dennoch kann der Herr ihr Festhalten an seinem Namen und dem christlichen Glauben loben.
  4. Thyatira (Kapitel 2,18-29)
    (Opfernde, Weihräuchernde. Stadt in Lydien). Die vierte Periode in der Geschichte der verantwortlichen Kirche wird uns in «Thyatira» vorgestellt. Es handelt sich um die Beschreibung der Kirche des Mittelalters, etwa nach 600 n. Chr. Der Herr kann Liebe und Ausharren im Dienst anerkennen, muss aber scharf geistliche Hurerei (Vermischung mit der Welt) und Götzenkult tadeln. Er spricht zum ersten Mal von seinem Kommen – ein Hinweis darauf, dass dieser Zustand von Thyatira bis zu seiner Wiederkunft anhalten wird. Zum ersten Mal auch wird ein Überrest von der Masse der christlichen Bekenner unterschieden («Euch … den übrigen»). Er allein findet die Anerkennung des Herrn. Diese Gruppe treuer gläubiger Menschen wird in ihrer Stellung vom Herrn als die wahre Kirche jener Zeit betrachtet. Es ist dies ein göttlicher Grundsatz, der in der Schrift für jede Zeitperiode angewendet wird, in der die Mehrheit untreu geworden ist.
  5. Sardes (Kapitel 3,1-6)
    (Überrest. Stadt in Kleinasien). Hier haben wir den Zustand des Protestantismus in der Zeit nach der Reformation, also etwa ab dem frühen sechzehnten Jahrhundert. Hervorstechendes Merkmal dieser Periode: trotz orthodoxer Korrektheit in der Lehre findet sich kein geistliches Leben. Auch hier werden die wahren Gläubigen als ein Überrest betrachtet: Nur wenige in Sardes finden die Anerkennung des Herrn dafür, dass sie sich mit dem Bösen «nicht besudelt» haben. Sie zeigten einen christlichen Wandel. Die Masse der christlichen Bekenner jedoch wird wie die Welt behandelt werden: Der Herr wird bei seiner Erscheinung wie ein Dieb über sie kommen mit Gericht.
  6. Philadelphia (Kapitel 3,7-13)
    (Bruderliebe. Kleinasiatische Stadt in Lydien am Fuss des Berges Tmolos gelegen). Der Name dieser Stadt weist auf eine gesegnete Periode der Erweckung innerhalb der Christenheit hin. Sie nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Anfang und war durch grosse Treue und Liebe dem Herrn und seinem Wort gegenüber gekennzeichnet. Viele Wahrheiten des Wortes Gottes, die in den vergangenen Jahrhunderten durch die Untreue des Menschen verloren gegangen waren, wurden durch die Gnade Gottes wieder entdeckt und mit viel Energie verbreitet. Die Bruderliebe bildete die Basis ihrer praktischen Gemeinschaft. Sie verwirklichten, dass sie auf dieser Erde Fremde waren. Sie bewahrten das «Wort seines Ausharrens», indem sie auf die Wiederkehr des Herrn zur Entrückung warteten. Der Herr hat an diesen treuen Gläubigen nichts zu tadeln, vielmehr gibt Er ihnen die Zusage seines baldigen Kommens, indem Er zweierlei andeutet:
    • dass Er sie «vor der Stunde der Versuchung bewahren» würde, die über den ganzen Erdkreis kommen wird. (Ein Hinweis auf die Entrückung.)
    • dass es innerhalb des christlichen Bekenntnisses diesen Zustand, diese geistliche Verfassung, die die Versammlung in Philadelphia kennzeichnete, bis zu seinem Kommen als der «Morgenstern» geben wird
  7. Laodizea (Kapitel 3,14-18)
    (Volksgerechte. Hauptstadt von Phrygien). Diesem Sendschreiben kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als es die letzte Phase der Christenheit schildert. Die Bedeutung des Namens Laodizea ist ausserordentlich lehrreich. Man müsste schon geistlich blind sein, würde man nicht den Einfluss demokratischer Grundsätze auch in dem christlichen Bekenntnis feststellen. Die Rechte des Volkes – das ist es, wonach heute gefragt wird, nicht nach den Rechten des Herrn! Der Mensch macht Rechte geltend, erhebt Machtansprüche – leider immer mehr auch in geistlichen Belangen. Wer hört heute noch auf die Stimme des Herrn, auf die Stimme seines Wortes? «Weder kalt noch warm»: Dies ist ihr Hauptmerkmal – Gleichgültigkeit. Da findet man weder die Kälte direkter, offener Verwerfung des Herrn noch die Wärme wahrer Zuneigung zu Ihm. Man hält den Namen Christi aufrecht, ist dem Bekenntnis nach ein Christ, hat aber kein Herz für Den, nach dem man sich nennt. Toleranz steht oben auf der Wertskala. Alles wird weitherzig geduldet. Hauptsache, der Einzelne ist von seiner eigenen Sache und Meinung aufrichtig überzeugt. Es werden alle religiösen Auffassungen als gleich gut angesehen. Kein Eifer für das, was dem Herrn wohlgefällt, keine klare Ablehnung dessen, was Ihn verunehrt. Gleichgültigkeit gegenüber dem wahrhaft Guten, Gleichgültigkeit gegenüber dem wahrhaft Bösen – das ist es, was dem Herrn Jesus so sehr missfällt, dass er dieses tote Bekenntnis aus seinem Mund ausspeien wird.
    Worin hat diese erschreckende Lauheit ihre verborgene Wurzel? Es gibt nur eine Antwort: Der Herr Jesus wird nicht wahrhaft geliebt. Mit dem Verlassen der ersten Liebe fing es an (Ephesus), und es endet mit dem völligen Fehlen der Liebe zum Herrn (Laodizea). Es ist nicht Unkenntnis der Wahrheit, die zur Lauheit führt, sondern die Tatsache, dass man sie nicht wertschätzt, weil man Christus nicht wertschätzt. «Reich und doch arm»: Zur Gleichgültigkeit den Interessen und der Person Christi gegenüber kommt noch ein weiteres Übel hinzu: das «Sich-Brüsten», reich zu sein – reich an geistlichen und irdischen Gütern, reich an Einfluss und Intelligenz, reich an Würden und Ämtern, reich an Bildung, reich an sozialer Tätigkeit, reich an kulturellen und humanitären Bestrebungen und vieles andere mehr!
    Neutralität gegenüber Christus und der Wahrheit Gottes, gepaart mit einer beispiellosen Selbstzufriedenheit, alles Wichtige zu besitzen, das ist der Zustand von Laodizea. Dabei ist das Evangelium der Gnade Gottes durch ein soziales «Evangelium der Menschenfreundlichkeit» ersetzt worden. Menschen mögen sich durch das Bekenntnis täuschen lassen, nicht so der Herr. Er sieht mit seinen «Augen wie eine Feuerflamme» durch alles hindurch.

Am Ende dieses Kurses liegt uns, im Zusammenhang mit diesem Sendschreiben, noch ein Wort der Ermahnung am Herzen, das alle Gläubigen angeht. Wir haben gesehen, wodurch die Christenheit in ihrer letzten Phase gekennzeichnet ist. Wir alle, Sie und ich, alle, die Eigentum des Herrn Jesus sind, sind in Gefahr, diesem Geist von Laodizea zu verfallen, wenn wir nicht ständig wachsam bleiben! Einmal Hand aufs Herz: Beschleicht uns nicht auch manchmal eine gewisse Gleichgültigkeit dem Herrn und seinem Wort gegenüber? Und sind wir wirklich vom Geist der Selbstzufriedenheit frei? Können nicht auch wir allzu leicht auf geistliche Besitztümer stolz sein, für die wohl unsere Väter, nicht aber wir selbst gekämpft haben, die uns zudem nur durch die Gnade Gottes geschenkt worden sind?

Das alles sind Fragen, über die jeder Gläubige für sich nachdenken und damit ins Licht Gottes gehen sollte. Denn beachten wir: Auch das Sendschreiben an Laodizea schliesst mit den Worten:

«Wer Ohren hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!»

Es heisst nicht: «… was der Geist der Versammlung sagt», sondern: «den Versammlungen.» Nicht allein für die eine Versammlung, in der sich diese Zustände im Ansatz befanden, waren diese Belehrungen bestimmt, sondern für die ganze Versammlung zu jeder Zeit, auch für uns heute. Schenke der Herr, dass wir Nutzen daraus ziehen, dass wir den Geist von Laodizea nicht in unser Leben, in unsere Häuser, in unsere Zusammenkünfte hineinlassen!

1. In Offenbarung 1, Vers 19 erhält Johannes vom Herrn einen Auftrag, der folgendermassen lautet: «Schreibe nun was du gesehen hast, und was ist, und was nach diesem geschehen wird». Die Worte dieses Verses umfassen die drei Hauptabschnitte der Offenbarung. Können Sie über jeden dieser Abschnitte etwas aussagen?

  1. «was du gesehen hast …»: _________________________
  2. «… und was ist …»: _________________________
  3. «… und was nach diesem geschehen wird»: _________________________

2. In Offenbarung 1,10 hörte der Seher Johannes eine «Stimme hinter sich», so dass er sich umwenden musste. Hat die Tatsache, dass er die Stimme hinter sich hörte, eine besondere Bedeutung, und wenn ja, welche?

3. In den Versen 13 und 14 desselben Kapitels sieht Johannes den Herrn Jesus als «einen gleich dem Sohn des Menschen, angetan mit einem bis zu den Füssen reichenden Gewand, und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel; sein Haupt aber und seine Haare weiss wie weisse Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme». Können Sie etwas aussagen über die symbolische Bedeutung dieser äusseren Merkmale?

  1. «angetan mit einem bis zu den Füssen reichenden Gewand»: _________________________
  2. «an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel»: _________________________
  3. «und sein Haupt aber und seine Haare weiss wie weisse Wolle, wie Schnee»: _________________________
  4. «und seine Augen wie eine Feuerflamme»: _________________________

4. In Offenbarung 1,12 sah Johannes sieben goldene Leuchter. Was hat der Leuchter für eine symbolische Bedeutung?

5. Ist das Volk Israel seinem Auftrag, Licht unter den Nationen zu verbreiten, treu geblieben?

6. Wie hat Israel reagiert, als Jesus Christus, der das «Licht der Welt» ist, als sein Messias auf diese Erde kam?

7. Wer ist nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. an die Stelle Israels als verantwortlicher Lichtträger in einer finsteren Welt getreten?

8. In Offenbarung 1,13 finden wir den Herrn Jesus inmitten von sieben goldenen Leuchtern stehen.

  1. Was stellen die sieben Leuchter dar? _________________________
  2. Was für eine Funktion übt der Herr inmitten dieser Leuchter aus? _________________________

9. Wir haben gesehen, dass der Herr Jesus den Zustand jeder der sieben Versammlungen beurteilt. Sollte eine Versammlung ihren Auftrag als Lichtträger nicht erfüllen, würde sie als Leuchter aus seiner Stelle weggerückt werden. Erklären Sie bitte, was unter «Wegrücken des Leuchters aus seiner Stelle» zu verstehen ist:

10. Beschränkt sich die Bedeutung der sieben Sendschreiben auf den damaligen Zustand der sieben Versammlungen in Klein­asien?

11. Wenn nein, worüber geben sie uns darüber hinaus einen Überblick?

12. Wir haben im Kommentar über die sieben Sendschreiben festgestellt, dass sie uns einen prophetischen Überblick über den Zustand der ganzen bekennenden Christenheit in sieben verschiedenen Zeitepochen geben. Können Sie etwas aussagen über die wesentlichen Merkmale des christlichen Bekenntnisses in den betreffenden Zeitperioden?

  1. Ephesus _________________________
  2. Smyrna _________________________
  3. Pergamus _________________________
  4. Thyatira _________________________
  5. Sardes _________________________
  6. Philadelphia _________________________
  7. Laodizea _________________________

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