Die Versammlungs- oder Gemeindezucht ist eine Funktion der geistlichen Verwaltung des Hauses Gottes, die Gott seinem Volk übertragen hat. Diese Verwaltung umfasst geistliche Fürsorge, Betreuung und Aufsicht, bis hin zur Ausübung der verschiedenen Stufen von Zucht. Der letzte Schritt, der getan werden kann, ist der Ausschluss aus der Gemeinschaft der Versammlung, der leider manchmal notwendig ist.
1. Brüderliche Fürsorge
Wir dürfen wohl sagen, dass diese Fürsorge in erster Linie im Darreichen geistlicher Nahrung besteht, wie es in den Worten des Herrn an Petrus in Johannes 21,15: «Weide meine Lämmer», zum Ausdruck kommt. Das Weiden der Schafe nimmt naturgemäss den ersten Platz ein. Wenn eine Seele vom Tod zum Leben übergegangen ist, dann ist vor allem Sorge dafür zu tragen, dass sie durch die «unverfälschte Milch» des Wortes Gottes auferbaut wird. So wird geistliches Wachstum sichergestellt. Es ist ein kostbares Vorrecht, für die geliebten Lämmer und Schafe der Herde Christi sorgen zu dürfen! Wir müssen also darauf achten, dass es immer genügende Versorgung mit der unverfälschten Milch des Wortes gibt durch einen Dienst, der den verschiedenartigen Bedürfnissen der Geschwister entspricht, so dass sie auf ihren allerheiligsten Glauben erbaut und hinreichend geistlich genährt werden und so geistlich wachen.
Dann muss die Herde des Herrn geschützt werden, was in seinen weiteren Worten an Petrus in Johannes 21,16 zum Ausdruck kommt: «Hüte meine Schafe». Möchten doch noch viele, vor allem junge Gläubige, die in Gefahr stehen, in die Irre zu gehen, durch diesen gesegneten Dienst vor Verirrung bewahrt werden!
2. Brüderliche Betreuung und Aufsicht
Vor allem jungen Gläubigen drohen besondere Gefahren aus drei Richtungen:
- von innen, vom Fleisch
- dann von ausserhalb, von der Welt
- und schliesslich von Satan
Satan will beständig das Fleisch und die Welt benutzen, um die Seele von Christus und vom schlichten Glauben abzuwenden. Die Liebe soll uns treiben, uns um die Lämmer der Herde zu kümmern. Sie sind uns anvertraut worden. Das erste Element dieser Betreuung dürfte in Wachsamkeit bestehen: «… sie wachen über eure Seelen, als solche, die Rechenschaft geben werden» (Hebräer 13,17). Jeder Hirte wacht über seine Schafe. Täte er es nicht, hiesse das, den Weg für den Angriff des Wolfs zu öffnen.
Ein weiteres Element der Betreuung besteht in der Korrektur von offensichtlichem Versagen oder Schwachheit. Die Liebe geht zu dem Bruder hin, der in einer Sache versagt hat oder dessen Leben von Schwachheit gekennzeichnet ist, die seinem persönlichen Zeugnis oder dem der Versammlung nicht förderlich sind.
3. Zucht durch die Versammlung
Von der Ausübung privater Fürsorge und brüderlicher Aufsicht kommen wir nun zu der eigentlichen Zucht durch die Versammlung. Solange das Böse von solcher Art ist, dass noch Hoffnung auf Zurechtkommen besteht und der Name des Herrn nicht dermassen verunehrt wird, dass ein direktes Einschreiten der Versammlung notwendig wird, sollten die privaten Bemühungen, den abgleitenden Bruder zurechtzubringen, fortgesetzt werden. Wenn wir uns nicht mehr in der Lage sehen, ihm etwas zu sagen, können wir ihm unsere Besorgnis dadurch zeigen, dass wir den Umgang mit ihm meiden. Manchmal ist etwas Zurückhaltung, die vielleicht nur unser Bruder wahrnimmt, wirkungsvoller als ständige Ermahnung mit Worten, gegen die er sich taub stellt. Aber die Zeit kann kommen, wo das Böse solche Formen angenommen hat, dass der Betreuer die Sache nicht mehr auf sich sitzen lassen kann. Er muss die Versammlung darüber informieren. Er wird zuerst einmal mit einigen vertrauenswürdigen Brüdern darüber sprechen. Nun der örtlichen Versammlung verantwortlich, die entsprechende Stufe der Zucht auszuüben. Zucht durch die Versammlung lässt sich in drei Kategorien einteilen:
- Private Ermahnung
- Öffentliche Zurechtweisung
- Ausschluss
4. Private Ermahnung
Eine private Ermahnung im Auftrag von einigen verantwortlichen Brüdern, die das Vertrauen der Versammlung besitzen, ist im Vorgehen ähnlich wie eine persönliche Betreuung. Ein oder vielleicht besser zwei nüchterne, gottesfürchtige Männer mit moralischem Gewicht werden beauftragt, privat zu dem, der auf einem falschen Weg ist, zu gehen und ihn zu ermahnen. Sie sollen ihn darauf hinweisen, dass er den Namen und das Zeugnis des Herrn verunehrt. Sie sollen ihn warnen und ihn inständig bitten, sich vor dem Herrn zu beugen und das Böse zu lassen.
5. Öffentliche Zurechtweisung
Hat die private Ermahnung nicht zum gewünschten Ziel geführt, ist ein weiterer Schritt angezeigt, nämlich öffentliche Zurechtweisung. Das Böse hat ein solches Ausmass angenommen, dass niemand die Augen davor verschliessen kann. Alles deutet darauf hin, dass es zum Schlimmeren fortschreiten wird. Die Liebe möchte den fehlbaren Bruder oder die Schwester vor der Demütigung und Schande eines Ausschlusses bewahren. Die betreffende Person muss mit ihrem falschen Tun konfrontiert werden. Eine öffentliche Zurechtweisung wird in Gegenwart der ganzen Versammlung ausgesprochen. «Die da sündigen, überführe vor allen, damit auch die Übrigen Furcht haben» (1. Timotheus 5,20). Es darf bei diesem Vorgehen kein Anzeichen eines pharisäischen Geistes zum Ausdruck kommen. Trauer ist die angemessene Haltung für die, die sich bewusst sind, dass ihr Herr verunehrt worden ist.
6. Ausschluss
Wir kommen nun zum letzten Schritt, dem Ausschluss. Wenn das Böse eine Form angenommen hat, wie zum Beispiel in 1. Korinther 5, muss zum Ausschluss geschritten werden. Dann gibt es nur einen Weg: «Tut den Bösen von euch selbst hinaus» (Vers 13). Einem Ausgeschlossenen wird nicht nur das Recht verweigert, das Brot zu brechen; die Geschwister dürfen auch keinen Umgang mit ihm haben. Allerdings gibt es bei dieser Art von Zucht eine gewisse Einschränkung. Wenn ein Ausgeschlossener zu einer gläubigen Familie gehört, würde es zweifellos zu weit gehen, wenn die Familienangehörigen sich weigern würden, mit ihm am gleichen Tisch zu essen. Die Familienbande, die ein Teil der göttlichen Schöpferordnung sind, werden auch bei einem Zuchtfall nicht aufgelöst.
7. Binden und Lösen
In der 7. Lektion, Punkte 8 und 9, haben wir anhand von Matthäus 18,20 festgestellt, dass Jesus in der Mitte, das heisst persönlich gegenwärtig ist, wenn Gläubige an einem Ort in seinem Namen versammelt sind. Diese seine Gegenwart gibt den so Versammelten die göttliche Machtbefugnis, zu «binden» und zu «lösen», das heisst Zucht zu üben und die Zucht wieder aufzulösen (Matthäus 18,18). Indem die im Namen Jesu Versammelten in Übereinstimmung mit dem in ihrer Mitte sich befindenden Herrn handeln, finden diese Handlungen im Himmel Anerkennung. Wir müssen aber besonderen Nachdruck darauf legen, dass sich die Wirkungen dieser Handlungen auf diese Erde beschränken. Es ist eine böse Verirrung, wenn behauptet wird, die Kirche könne für jemand den Himmel öffnen oder verschliessen.
8. Praktische Ausübung des «Bindens» und «Lösen»
Darüber geben uns die Stellen in 1. Korinther 5,1-13 und 2. Korinther 2,6-8 Aufschluss. In der Versammlung von Korinth war ein Fall schlimmster Unmoral vorgekommen. Ein Mann lebte mit der Frau seines Vaters (wahrscheinlich seiner Stiefmutter) zusammen. Diese Art von Sünde war sowohl nach dem mosaischen Gesetz verboten (3. Mose 18,8; 5. Mose 23,1) als auch von den Heiden nicht geduldet. Es war eine verbotene Gemeinschaft, ein Zusammenwohnen innerhalb eines verbotenen verwandtschaftlichen Grades in einer höchst widrigen und krassen Art. Dadurch war die Versammlung hochgradig verunreinigt worden. Der Fehlbare hatte in der gröbsten Weise gegen die Heiligkeit des Hauses Gottes verstossen.
Die Versammlung trug anfänglich nicht einmal Leid über diesen Fall, noch weniger dachte sie daran, den Betreffenden aus ihrer Mitte wegzutun (1. Korinther 5,2). Das gab dem Apostel Veranlassung, die Korinther streng zurechtzuweisen. Das Offenbarwerden des Bösen sollte zunächst stets eine Versammlung zur Beugung und zum Selbstgericht bringen und schmerzliche Gefühle bei den Einzelnen wachrufen, zum einen im Bewusstsein der Mitschuld, zum anderen bei dem Gedanken daran, wie sehr der Herr betrübt und verunehrt wird, wenn Dinge unter seinen Geliebten vorkommen, die einen Ausschluss erforderlich machen. Die Versammlung trägt in den meisten Fällen einen Teil der Schuld. Wenn sie wachsamer gewesen wäre und so, die Gefahr beizeiten erkennend, dem Betreffenden nachgegangen wäre und ihn in Liebe und Ernst ermahnt hätte, würde der Ausschluss möglicherweise vermieden worden sein. Leider wird viel in dieser Beziehung gefehlt. Der Ausschluss ist das letzte und ernsteste Mittel, um einen in Sünde Gefallenen zur Erkenntnis seines Zustandes zu bringen.
Überzeugt von der Schrecklichkeit dieser schändlichen Sünde, beschäftigt sich der Apostel Paulus mit dieser Sache. Dem Leib nach abwesend, aber dem Geist nach in ihrer Mitte anwesend und mit ihnen verbunden, urteilt er für sich selbst, dass dies ein Fall sei, der eigentlich dazu führen müsse, einen solchen «dem Satan zu überliefern zum Verderben des Fleisches, damit der Geist errettet werde am Tag des Herrn Jesus» (1. Korinther 5,5). Jemand dem Satan zu überliefern war eine Handlung apostolischer Autorität und nicht eine Handlung, die eine Versammlung vollziehen konnte. Diese ist gehalten, «den Bösen von sich selbst hinauszutun» (Vers 13). In 1. Timotheus 1,20 hatte der Apostel Hymenäus und Alexander dem Satan überliefert. Hier urteilt er, dass auch die Angelegenheit von Korinth ein Fall für ein solches Vorgehen sei. Ob er es wirklich ausgeführt hat, lassen wir dahingestellt sein, weil ja die Versammlung den Schuldigen doch noch ausschloss, also ihrer Verpflichtung nachkam. Wir können nicht sagen, dass eine Versammlung, wenn sie einen «Bösen» aus ihrer Mitte entfernt, also einen Ausschluss tätigt, diesen dem Satan überliefert. Aber es ist doch so, dass, wenn der Schuldige einmal «draussen» steht, er sich – und das ist traurig – in dem Bereich befindet, wo Satan die Herrschaft ausübt. Lasst uns aber nie vergessen – wir müssen das immer wieder in Erinnerung rufen – dass der Ausschluss zwei Ziele verfolgt: die Reinigung der Versammlung und die Wiederherstellung des Schuldigen.
Bei der Sünde, die in ihrer Mitte geschehen war, konnten die Korinther nicht tun, als ginge sie das nichts an. Das zeigt ihnen der Apostel mit dem Bild des Sauerteigs in der Teigmasse (Verse 6-8). Die gläubigen Korinther waren der Teig, und in ihre Mitte waren Dinge eingedrungen, die sie einst als Ungläubige getan hatten – der «alte» Sauerteig (vergleiche 1. Korinther 6,9-11). Sie konnten sich nur durch die Trennung vom Bösen davon reinigen. «Damit ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ungesäuert seid» (Vers 7). Die Gnade hat uns in eine Stellung gebracht, die der Heiligkeit Gottes voll entspricht. Jetzt sind wir aufgefordert, uns entsprechend dem, was wir «in Christus» sind, praktisch zu verhalten. «Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit» (Vers 8). Das Christenleben wird hier mit einem Fest verglichen. Dieses Fest bezieht sich nicht auf das Mahl des Herrn, sondern auf das Leben des Gläubigen. So wie die Israeliten den Sauerteig aus ihren Häusern auszufegen hatten, so müssen wir, Sie und ich, das Böse aus unserem Leben entfernen. Daneben gibt es aber gewisse Fälle, wo auch die örtliche Versammlung handeln muss, wie in dem in 1. Korinther 5 beschriebenen Fall.
Die Verse 9-13 geben uns Aufschluss darüber, wie solche behandelt werden müssen, die «Brüder genannt werden» und Hurer, Habsüchtige, Götzendiener, Schmäher, Trunkenbolde oder Räuber sind. Mit ihnen dürfen wir keinen Umgang haben. Vom Gläubigen wird aber nicht verlangt, dass er mit den Hurern, Habsüchtigen, Räubern oder Trinkern dieser Welt keinen Verkehr hat. Sonst müsste er aus dieser Welt hinausgehen. Man kann sich eben seinen Nachbarn, Berufskollegen oder Vorgesetzten gewöhnlich nicht selbst aussuchen. Und wie könnten diese Leute mit dem Evangelium erreicht werden, wenn der Gläubige sich total von ihnen distanzieren müsste? Aber die praktische Gemeinschaft unter Gläubigen muss dann unterbrochen werden, wenn einer als Christ Hurerei treibt und sich dadurch als «Böser» erweist. Hier gibt es nach Gottes Gedanken keine Alternative, es sei denn, es handle sich um einen Familienangehörigen. Die Familienbande, ein Bestandteil der göttlichen Schöpferordnung, werden durch einen Zuchtfall nicht aufgelöst. Wie wir in dieser Lektion bereits erörtert haben, können wir einem Ausgeschlossenen nicht verweigern, mit den Familienangehörigen zusammen am gleichen Tisch zu essen.
Am Schluss des Abschnittes, am Ende von Vers 13 heisst es: «Tut den Bösen von euch selbst hinaus». Aus diesen Worten können wir schliessen, dass die Aufzählung der einen «Bösen» kennzeichnenden Dinge in Vers 11 keineswegs erschöpfend ist, sondern dass es sich hier um einen Grundsatz von allgemeiner Bedeutung handelt. Wer auf irgendeinem Gebiet sich als ein «böser Mensch» in der Mitte der Gläubigen offenbart und trotz treuer Bemühungen der Liebe seitens der Versammlung auf seinem bösen Weg verharrt, muss unter Anwendung des letzten Zuchtmittels aus der Mitte der Gläubigen entfernt werden. Sowohl die Heiligkeit und Ehre des Herrn als auch das Wohl des Betreffenden machen diesen ernsten Schritt zu einer Notwendigkeit.
Römer 16,17 ermahnt uns, keine Gemeinschaft zu pflegen mit denen, «die Zwiespalt und Ärgernis anrichten». «Wendet euch von ihnen ab!» sagt der Apostel dort.
Ganz besonders beachtenswert, obwohl leider manchmal übersehen, ist die Tatsache, dass die Zucht nur von der örtlichen Versammlung ausgeübt werden kann, das heisst, von der Gesamtheit der Gläubigen, die sich an einem Ort gemäss Matthäus 18,20 versammeln, oder, wie der Apostel sich ausdrückt, «mit der Kraft des Herrn Jesus Christus versammelt sind» (1. Korinther 5,4). Es ist keineswegs Aufgabe und Befugnis einzelner Brüder, über Zulassung oder Zucht zu entscheiden. Sicher ist es gut und nützlich, wenn sich zunächst eine Anzahl einsichtsvoller Brüder mit einem hängenden Fall beschäftigen. In der Regel wird sich die Versammlung auch dem Urteil dieser Brüder anschliessen, denn «durch den Mund von zwei oder drei Zeugen soll jede Sache bestätigt werden» (Matthäus 18,16). Aber diese Brüder stellen nicht die Versammlung dar und können daher auch keine für die Versammlung bindenden Beschlüsse fassen. Sie können nur die Meinung oder Überzeugung, zu der sie nach Anhörung der betreffenden Personen und Prüfung der Verhältnisse gekommen sind, der Versammlung, wenn sie als solche versammelt ist, mitteilen, das heisst also die Zulassung bzw. Wiederzulassung oder den Ausschluss vorschlagen. Ausführende Instanz ist die Versammlung. Sie allein ist befugt, wie wir das bereits anhand von Matthäus 18,18 festgestellt haben, zu «binden» und zu «lösen», das heisst Zucht auszuüben und die Zucht wieder aufzulösen und damit den Ausgeschlossenen wieder in die praktische Gemeinschaft aufzunehmen.
Aus der Stelle in 2. Korinther 2,6-8 können wir schliessen, dass sich der wegen Hurerei in 1. Korinther 5 Ausgeschlossene gebeugt hat. Die von der Versammlung gegen ihn verhängte Zucht hatte Wirkung gezeigt. Der Mann war jetzt wiederhergestellt, so dass der Apostel, der die Versammlung hatte ermahnen müssen, sich durch das Hinaustun des Bösen aus ihrer Mitte zu reinigen, sie hier ermahnt, zu vergeben, zu trösten, Liebe gegen ihn zu betätigen. Der Apostel betrachtet ihn als einen, der wieder aufgenommen werden kann. Es war nicht der Apostel, der die Wiederaufnahme tätigte. Er musste von der Versammlung in Korinth wieder aufgenommen werden. Es ist immer die Versammlung, die aufnimmt oder ausschliesst!
9. Das Verhalten einem Irrlehrer gegenüber
Johannes schreibt in seinem 2. Brief: «Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüsst ihn nicht. Denn wer ihn grüsst, nimmt teil an seinen bösen Werken» (Verse 9-11). Es kann hier natürlich nicht von Ausschluss die Rede sein, weil Johannes nicht an eine Versammlung, sondern an eine einzelne Person schreibt. Ohne Frage aber hat eine Versammlung, in der ein solcher Irrlehrer auftritt, die Pflicht, ihn aus ihrer Mitte hinauszutun; sie würde sich ja sonst mit seinen «bösen Werken» einsmachen. Wer ein «böses Werk» betreibt, muss als ein «Böser» eingestuft werden und muss nach 1. Korinther 5,13 «hinausgetan» werden. Nicht Duldsamkeit ist in solchen Fällen am Platz, sondern ein entschiedenes Einschreiten und Handeln, allerdings im Geist der Liebe. Die wahre Liebe aber besteht gerade darin, «dass wir nach seinen Geboten wandeln» (2. Johannes 6). Wir neigen leider oft dazu, menschliche Liebe und natürliches Mitgefühl für göttliche Liebe zu halten. Wir vergessen so leicht, dass ein wesentliches Merkmal wahrer christlicher Liebe das «Festhalten an der Wahrheit» ist, und dass die natürliche Liebe, obwohl ursprünglich von Gott ins Herz gesenkt, durch die Sünde in Mitleidenschaft gezogen ist und sich leicht irreleiten lässt.
10. Die Bezeichnung
Den Thessalonichern schreibt der Apostel Paulus, dass sie sich zurückziehen sollten «von jedem Bruder, der unordentlich wandelt», und dass sie, wenn jemand dem Wort des Apostels durch den Brief nicht gehorchen würde, diesen Bruder «bezeichnen» und keinen «Umgang» mit ihm haben sollten (2. Thessalonicher 3,6.14.15). In diesem Fall wurde ein solcher Bruder nicht ausgeschlossen. Es blieb dabei, dass er vor der Versammlung öffentlich «bezeichnet» wurde. Obwohl sein Zustand zu Bedenken Anlass gab und eine ernste Behandlung dieses Falls nötig machte, war die Sache doch nicht so schwerwiegend, dass der völlige Bruch der Gemeinschaft, also auch der Ausschluss von der Gemeinschaft am Tisch des Herrn, erforderlich gewesen wäre.
11. Die Versammlungszucht hat überregionale Bedeutung
Da alle Kinder Gottes auf der ganzen Erde einen Leib bilden, ist es selbstverständlich, dass die von einer Versammlung verhängte Zucht, auch Zulassung oder Wiederzulassung, obwohl sie zunächst Sache der örtlichen Versammlung ist, von allen anderen Versammlungen anerkannt werden muss. Leider widersetzen sich viele dieser Wahrheit und wollen der Zucht keine über den örtlichen Kreis hinausgehende Tragweite zubilligen. Wenn wir uns diese Ansicht in die Praxis umgesetzt denken, so hätte beispielsweise der in Korinth Ausgeschlossene gegebenenfalls an einem anderen Ort, sagen wir in Thessalonich oder Rom oder Jerusalem, die Gemeinschaft der Heiligen geniessen können; mit anderen Worten: Derselbe Herr und Geist, der es in Korinth für nötig erachtet hatte, den Bösen aus der Mitte hinauszutun, würde damit einverstanden gewesen sein, wenn eine andere Versammlung einen solchen nach ihrem Gutdünken wieder zugelassen hätte. Jeder einsichtige Christ wird einen solchen Gedanken entschieden zurückweisen; er bedeutet so viel wie die Leugnung der Tatsache, dass alle Gläubigen Glieder an dem einen Leib sind.
Vorausgesetzt ist in jedem Fall, und das möchten wir ausdrücklich betonen, dass die Beschlüsse einer Versammlung unter der Leitung des Heiligen Geistes und im Namen des Herrn Jesus zustande gekommen sind. Unfehlbar ist keine Versammlung. Es kann durchaus vorkommen, dass in einer Versammlung jemand zu Unrecht ausgeschlossen oder wieder zum Brotbrechen zugelassen wird. So etwas ist höchst demütigend und sollte diejenigen, die das Unrecht erkannt haben, veranlassen, die Angelegenheit unter ernsthaftem Gebet vor dem Herrn zu erwägen. Auch könnte sich ein Hirtendienst von einem oder mehreren einsichtigen Brüdern nützlich erweisen. Erst wenn alle diese Bemühungen nicht zum erhofften Ziel geführt haben, müssen sich die Brüder der umliegenden Versammlungen der Sache annehmen und versuchen, die verantwortlichen Brüder der fehlbaren Versammlung von ihrem unrichtigen Handeln zu überzeugen. Bleiben alle diesbezüglichen Versuche ohne Erfolg, stehen die umliegenden Versammlungen vor der ernsten Frage, ob diese Versammlung weiterhin als örtliches Zeugnis anerkannt werden kann. Solange eine Versammlung als örtliches Zeugnis Anerkennung findet, muss ein Beschluss von ihr akzeptiert werden, auch wenn berechtigte Bedenken bestehen, dass diese Versammlung nicht richtig gehandelt hat.
1. Was für Funktionen umfasst die geistliche Verwaltung des Hauses Gottes?
2. Worin besteht die brüderliche Fürsorge in einer Versammlung?
3. Weshalb ist brüderliche Betreuung und Aufsicht so nötig?
4. In was für drei Stufen lässt sich die Zucht durch die Versammlung einteilen?
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5. Was für eine Form von Zucht bleibt als letzte Möglichkeit übrig, wenn private Ermahnung und öffentliche Zurechtweisung nicht zum gewünschten Ziel geführt haben?
6. Was für Konsequenzen hat dieser letzte Schritt für den Fehlbaren?
7. Wie müssen sich die Glaubensgeschwister ihm gegenüber verhalten?
8. Gemäss Matthäus 18,20 ist der Herr Jesus dort, wo man in seinem Namen versammelt ist, in der Mitte, das heisst persönlich gegenwärtig. Was für eine Recht verleiht diese Tatsache den so Versammelten?
9. Wo finden ihre Handlungen Anerkennung?
10. Heisst das, dass sie für jemand den Himmel öffnen oder verschliessen können?
11. Was ist bei einem so schweren Fall von offenbarer Sünde, wovon wir 1. Korinther 5,1 lesen, im Blick auf die örtliche Versammlung von besonderer Tragik?
12. Was muss das Bekanntwerden von Bösem in einer Versammlung zuerst bewirken?
13. War das in Korinth der Fall?
14. Was hätte die Versammlung von Korinth mit dem Fehlbaren tun sollen?
15. Besitzt eine Versammlung die Vollmacht, jemand «dem Satan zu überliefern», was zum Beispiel der Apostel Paulus in 1. Timotheus 1,20 mit Hymenäus und Alexander getan hat?
16. Ist die Versammlung in Korinth zuletzt ihrer Pflicht, Zucht auszuüben, nachgekommen?
17. Was für zwei Ziele verfolgt ein Ausschluss?
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18. Wie allein kann sich eine Versammlung reinigen, wenn sie durch Sünde verunreinigt ist?
19. Was hat der Sauerteig in der Schrift für eine Bedeutung?
20. Darf ein Gläubiger auch mit einem Hurer, Habsüchtigen, Räuber oder Trinker dieser Welt keinen Verkehr haben?
21. Ist die Liste der einen Ausschluss erfordernden Dinge in 1. Korinther 5,11 vollständig oder kann es auch andere Arten von Sünden geben, die einen Ausschluss nötig machen?
22. Können einzelne Brüder, vielleicht solche, die von der örtlichen Versammlung mit der Abklärung eines schweren Falls von Sünde betraut worden sind, einen Ausschluss vollziehen?
23. Hat der Ausschluss des Fehlbaren in 1. Korinther 5 zum gewünschten Ziel geführt? (2. Korinther 2,6-8)
24. Wie muss sich ein Gläubiger persönlich einem Irrlehrer gegenüber verhalten?
25. Muss eine Versammlung gegen einen Irrlehrer in ihrer Mitte vorgehen?
26. Eine weitere, etwas mildere Form von Zucht ist die «Bezeichnung». Was ist damit gemeint?
27. Muss ein Versammlungsbeschluss, in unserem Fall ein Ausschluss oder eine Wiederzulassung, von allen anderen Versammlungen respektiert werden?
28. Keine örtliche Versammlung ist unfehlbar. Es ist also durchaus möglich, leider auch schon vorgekommen, dass eine Versammlung jemand zu Unrecht ausschliesst oder wieder zum Tisch des Herrn zulässt. Wie kann so etwas wieder in Ordnung kommen?
29. Ist es richtig, den Beschluss einer Versammlung, die als örtliches Zeugnis anerkannt ist, nicht zu akzeptieren, selbst wenn der Verdacht besteht, dass diese Versammlung nicht richtig gehandelt hat?
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