Von Kapitel 5,12 bis zum Schluss des 8. Kapitels behandelt der Apostel Paulus das Problem der Erbsünde. Es geht nicht mehr um böse Taten (Tatsünden), sondern um das böse Wesen des Menschen. Er spricht nicht mehr von Sünden, sondern von der Sünde. Das Thema ist nun die Befreiung des Gläubigen von der Herrschaft der Sünde. Die Vergebung und die daraus resultierende Rechtfertigung sind gross und herrlich, aber das ist noch nicht alles. Gott zeigt dem erwachenden Gewissen nicht nur die vielen Sünden, sondern auch die Quelle, aus der das schmutzige Wasser geflossen ist, den Baum, der die bösen Früchte getragen hat. Die Sünde ist eine böse Macht, die in uns wohnt und uns beherrschen möchte. Deshalb enthält Römer 6,12 die ernste Ermahnung: «Also herrsche nicht die Sünde in eurem sterblichen Leib, um seinen Begierden zu gehorchen.» In Römer 7,17 ist die Rede von der «in mir (uns) wohnenden Sünde.»
In diesem Abschnitt werden uns zwei Familien vorgestellt, die durch ihr Oberhaupt geprägt sind. In der Tabelle stellen wir beide einander gegenüber.
Erste Familie | Zweite Familie | |
Das Haupt | Adam | Jesus Christus |
Das Werk | Der Sündenfall | Das Erlösungswerk |
Das Ergebnis | Der Tod | Das Leben |
12 Darum, so wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben 13 (denn bis zu dem Gesetz war Sünde in der Welt; Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist. 14 Aber der Tod herrschte von Adam bis auf Mose, selbst über die, die nicht gesündigt hatten in der Gleichheit der Übertretung Adams, der ein Vorbild des Zukünftigen ist.
Die Sünde kam durch einen Menschen in die Welt – durch Adam. Mit der Sünde erschien noch eine andere schreckliche Macht, die ihre Hand nach allen Menschen ausstreckt, nämlich der Tod. Die Sünde ist ein böses Prinzip, das zwei Folgen hat:
- Begierde, die zur Unmoral reizt
- Gewalttat, die zu Machtmissbrauch führt
Wir haben schon in Römer 4,15 gesehen, dass es ohne Gesetz keine Übertretung gibt. Das bedeutet aber keinesfalls, dass es vor der Gesetzgebung keine Sünde gab. Sie wurde allerdings nicht als Übertretung zugerechnet. Das Gesetz verändert den Charakter der Sünde, indem es sie zur Übertretung eines bestimmten Gebots macht. Eine unter Gesetz vollbrachte Sünde wiegt darum vor Gott schwerer! Aber wenn auch das Gesetz im Anfang nicht da war, hatten die Menschen doch ein Gewissen, ein – wenn auch nicht klar definiertes – Pflichtgefühl ihrem Schöpfer gegenüber.
Dass bereits vor dem Gesetz Sünde in der Welt war, beweist der Apostel damit, dass «der Tod herrschte von Adam bis auf Mose.» Die Sünde Adams hatte – wie die eines Israeliten unter dem Gesetz – den Charakter einer Übertretung, denn er verstiess gegen ein klar definiertes göttliches Gebot. Bei den Menschen nach Adam bis Mose war das nicht so. Sie sündigten zwar, aber nicht in gleicher Weise wie Adam.
15 Ist nicht aber wie die Übertretung so auch die Gnadengabe? Denn wenn durch die Übertretung des einen die vielen gestorben sind, so ist viel mehr die Gnade Gottes und die Gabe in Gnade, die durch den einen Menschen, Jesus Christus, ist, zu den vielen überströmend geworden.
Die Übertretung Adams hatte schwere Konsequenzen, denn dadurch sind alle seine Nachkommen dem Tod unterworfen. Doch glücklicherweise ist durch die Tat eines anderen Menschen, des Herrn Jesus Christus, die Gnade Gottes ebenso überströmend geworden. So entsetzlich das erste ist, so herrlich ist das zweite!
16 Und ist nicht wie durch einen, der gesündigt hat, so auch die Gabe? Denn das Urteil war von einem zur Verdammnis, die Gnadengabe aber von vielen Übertretungen zur Gerechtigkeit.
Es gibt noch einen Unterschied. Die Folge der Tat Adams war Verdammnis, die Gnadengabe Gottes führte die Glaubenden zur Gerechtigkeit.
Es besteht ein gewaltiger Gegensatz zwischen dem Fehltritt Adams und dem Werk, das Jesus Christus am Kreuz vollbracht hat. Adams Tat war ein Akt des Ungehorsams, während Christus sich in völligem Gehorsam unter den Willen seines Gottes und Vaters als Opfer hingegeben hat. Beide Taten haben weitreichende Auswirkungen. Während die Tat Adams katastrophale Folgen hatte, sind jene der Erlösungstat Christi für alle Glaubenden wunderbar und herrlich.
17 Denn wenn durch die Übertretung des einen der Tod durch den einen geherrscht hat, so werden viel mehr die, welche die Überfülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus):
Der Gegensatz zwischen der Tat Adams und dem Werk von Jesus Christus wird vom Apostel in Vers 17 noch weiter erläutert. Durch den Ungehorsam Adams herrschte der Tod. Die aber, die als Ergebnis des Werkes von Jesus Christus Gnade und Gerechtigkeit empfangen, werden mit Ihm im zukünftigen Zeitalter herrschen.
18 also nun, wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte, so auch durch eine Gerechtigkeit gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.
Hier nimmt der Apostel den Gedanken von Vers 12 wieder auf. Eine Übertretung gereichte allen Menschen zur Verdammnis. Doch die Folgen der einen Tat der Gerechtigkeit richten sich ebenfalls gegen alle Menschen, aber nicht zum Gericht, sondern zur Rechtfertigung des Lebens.
19 Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.
Während uns im 18. Vers die Zielrichtung und die Reichweite der beiden Taten vor Augen geführt wurden, kommen wir in Vers 19 zu ihren tatsächlichen Ergebnissen. Der Apostel spricht hier von zwei Gruppen von Menschen:
- Die Reichweite des Erlösungswerks bezieht sich auf alle Menschen. Deshalb steht dort: «… gegen alle Menschen zur Rechtfertigung …»
- Die Ergebnisse des Erlösungswerkes betreffen nicht alle Menschen. Nicht alle, sondern viele werden gerettet (nämlich die, die sich bekehren). Deshalb steht dort: «… die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt …»
20 Das Gesetz aber kam daneben ein, damit die Übertretung überströmend würde.
Alles, was Gott bisher zustande gebracht hat, ist vollkommen unabhängig vom Gesetz. Das Gesetz spielt im Heilsplan Gottes wohl eine gewisse Rolle, aber eine ganz andere, als viele denken. Die Sünde war schon da, ehe das Gesetz gegeben wurde, aber sie sollte sich durch das Gesetz in ihrer ganzen Schwere offenbaren, das heisst als unmittelbare Empörung gegen Gottes Gebote und als Verachtung seiner göttlichen Autorität. In Römer 7,13 lesen wir, dass «die Sünde als Sünde erschiene», ja dass sie «überaus sündig würde durch das Gebot.» Das Gesetz lässt die Sünde in ihrem wahren Charakter erscheinen.
Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden, 21 damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Der Schluss des Kapitels enthält eine anbetungswürdige Antwort der Gnade Gottes auf die Schuld und Verdorbenheit des Menschen. Die Sünde ist überströmend geworden, aber die Gnade ist grösser. Sie feiert ihre herrlichsten Triumphe da, wo für den Menschen jede Hoffnung verloren ist und er nur ein schonungsloses Gericht zu erwarten hat. Und das nicht etwa auf Kosten der Gerechtigkeit Gottes, sondern die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit, durch das vollbrachte Werk von Christus, zu ewigem Leben. Ein gesetzestreuer Israelit hätte im besten Fall – der aber nie eintraf – Leben auf der Erde als Lohn seines Tuns erwarten können; aber der Gläubige der Gnadenzeit empfängt mehr als nur ein nie endendes irdisches Leben; er empfängt «ewiges Leben», Leben aus Gott, das seinen Ursprung in der Ewigkeit hat.
Die Gnade herrscht heute durch Gerechtigkeit. Es kommt aber einmal die Stunde, da die Gerechtigkeit herrschen wird, aber wehe dann allen, die die Zeit der Gnade versäumt haben!
1. Ab Kapitel 5,12 behandelt der Apostel das Problem der Sünde. Was ist damit gemeint?
2. Durch wen kam die Sünde in die Welt?
3. Und durch wen wird laut Johannes 1,29 die Sünde der Welt weggenommen werden?
4. Was kam durch die Sünde noch in die Welt?
5. Wie zeigt der Apostel, dass schon vor dem Gesetz Sünde in der Welt war?
6. Wenn es um das Erlösungswerk von Golgatha geht, spricht der Apostel manchmal von «allen» und manchmal von «vielen», je nachdem ob es sich um die Reichweite des Erlösungswerks oder um die tatsächlichen Ergebnissen handelt. Was ist damit gemeint?
7. Wie kann Gott seine Gerechtigkeit aufrechterhalten, wenn Er Sünden vergibt?
8. Durch Adam kamen die Sünde und der Tod in die Welt. Was kam durch Jesus Christus in die Welt?
9. Durch das Gesetz wird die Sünde schwerwiegender. Warum?
10. Warum ist die Sünde Adams eine Übertretung?
11. Adam war Gott ungehorsam. Was kann man von Jesus Christus sagen? (Philipper 2,8)
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