14 Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft; 15 denn was ich vollbringe, erkenne (oder: verstehe, billige) ich nicht; denn nicht das, was ich will, tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus.
Im dritten Teil von Kapitel 7 wird uns ein Mensch geschildert, der von neuem geboren ist, aber im Sumpf zu versinken droht. Paulus kann die Situation des Versinkenden sehr anschaulich darzustellen, vielleicht aufgrund früherer ähnlicher Erfahrungen. Diese Person möchte nichts lieber tun als das Gute. Es ist eine Situation, die viele Christen durchmachen. Man stellt sich eine Reihe von Regeln auf, seien es die zehn Gebote oder die Lebensregeln, die wir im Neuen Testament finden, und sagt sich: So und so muss mein christliches Leben aussehen. Dann aber stellt man fest, dass nichts davon gelingt. Man versucht es immer wieder und scheitert immer wieder.
16 Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so stimme ich dem Gesetz bei, dass es recht ist. 17 Nun aber vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. 18 Denn ich weiss, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen dessen, was recht ist, finde ich nicht.
Dieser Mensch gibt dem Gesetz recht, wenn es ihn verurteilt. Er merkt, dass er das Böse tut statt das Gute. Dann lernt er, zwischen sich und der in ihm wohnenden Sünde zu unterscheiden. Nicht er tut das Böse, sondern die in ihm wohnende Sünde. So kommt er zur Erkenntnis, dass in ihm nichts Gutes wohnt.
Damit widerspricht die Bibel klar und deutlich der Ansicht vieler, dass der Mensch im Kern gut sei und man diesen guten Kern durch Erziehung und Bildung fördern müsse. Doch dieser «Lack der Zivilisation» geht in Stress- oder Krisensituationen schnell weg, und die Verdorbenheit des Menschen kommt in ihrer ganzen Hässlichkeit zum Vorschein.
Die hier beschriebene Person könnte man mit jemand vergleichen, der versucht, mit eigener Kraft sein Auto den Berg hinaufzuschieben. Es ist kein Wunder, wenn es dann statt bergauf immer weiter bergab geht.
19 Denn nicht das Gute, das ich will, übe ich aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
«Das Gute, das ich will», beweist, dass dieser Mensch neues Leben hat. Der Wille, das Gute zu tun, ist vorhanden, aber die Kraft dazu fehlt. Der gute Wille hilft ihm nicht weiter, die Sünde ist stärker.
20 Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde.
Hier ist noch einmal von der in uns wohnenden Sünde die Rede. Erneut sehen wir, dass die Sünde auch nach der Bekehrung noch im Gläubigen vorhanden ist.
Das bedeutet, dass es zwei verschiedene Naturen im Glaubenden gibt, zwei verschiedene «Ich». Zunächst ist da ein fleischliches «Ich», das unter die Sünde verkauft ist, und dann ein zweites «Ich», der erneuerte innere Mensch, der die Sünde hasst. Damit hat dieser Gläubige erkannt, dass nicht dieses zweite «Ich» das Böse tut, sondern die in ihm wohnende Sünde.
Der Apostel Johannes schrieb: «Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, … und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist» (1. Johannes 3,9). Diesen Vers können wir nur verstehen, wenn wir beachten, was wir hier in Römer 7 lernen: Das neue Leben, das Gott bei der Bekehrung schenkt, sündigt nicht, ja, kann nicht sündigen. Aber der alte Mensch kann das noch sehr wohl.
Halten wir noch fest, dass dieser Mensch ständig in sich hineinschaut und mit sich beschäftigt ist. Die Wörter «ich», «mir» und «mich» kommen in den Versen 7-24 über vierzig Mal vor. Den rettenden Blick auf Christus finden wir erst ganz am Schluss dieses Kapitels.
21 Also finde ich das Gesetz für mich, der ich das Rechte ausüben will, dass das Böse bei mir vorhanden ist.
Hier wird noch einmal bestätigt, dass die Sünde im Glaubenden auch nach seiner Bekehrung noch vorhanden ist. Er findet in seinem Leben ein Prinzip, ein «Gesetz» am Werk (die in ihm wirksame alte Natur), das alle seine guten Vorsätze vereitelt, das Rechte zu tun. Immer wieder, wenn er das Richtige tun will, versagt er.
22 Denn ich habe Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen; 23 ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meines Sinnes widerstreitet und mich in Gefangenschaft bringt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.
Der Gläubige, in dessen Namen Paulus im 7. Kapitel stellvertretend spricht, hat Wohngefallen am Gesetz Gottes. Wieder sehen wir, dass es sich bei dem Menschen, von dem der Apostel hier spricht, um einen wirklich bekehrten, von neuem geborenen Menschen handelt. Denn wie könnte ein Unbekehrter Wohlgefallen am Gesetz Gottes haben? Dieser Gläubige ist auf dem Weg der Erfahrung zu der niederschmetternden Erkenntnis gelangt, dass er, obwohl er «Wohlgefallen hat an dem Gesetz Gottes», er einem Grundsatz, einer Regel oder einer Norm ausgesetzt ist, die den Wünschen seines erneuerten Sinnes widerstreitet und ihn in Gefangenschaft unter das «Gesetz der Sünde» bringt.
Immer wieder finden wir bestätigt, dass unser Kapitel nicht von der Schuldfrage redet, sondern von der Sünde als Grundsatz oder Macht, sowie vom völligen Mangel an Kraft, ihr zu widerstehen. Zugleich aber auch, dass wir nicht einen Menschen in der Finsternis seines natürlichen Zustandes vor uns haben, sondern eine erneuerte Seele, die mit aller Kraft kämpft, um den Sieg über das Böse zu erringen, aber sehen muss, dass alles in einer hilflosen Gefangenschaft für sie endet. Sie muss erkennen, dass in den Gliedern des Menschen eine Macht wirkt, der er nicht zu widerstehen vermag, so sehr er sie hasst und sich von ihren Einflüssen freizumachen sucht. Trotzdem kann man sagen, dass die Seele Fortschritte macht, wenn auch die Finsternis um sie her immer dichter zu werden scheint. Aber wie immer, geht auch hier dem Anbruch des Tages dichteste Finsternis voraus.
Völlig zu Boden geworfen, keinen Ausweg mehr sehend, macht der Mensch seiner Seelenqual endlich Luft mit dem Schrei:
24 Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?
Sein elender Zustand ist ihm zum Bewusstsein gekommen. Trotz der Erneuerung seines Willens und der Erkenntnis dessen, was er nach dem Gesetz sein sollte, ist der Gläubige doch nur ein Mensch mit bösen Begierden, ohne die Möglichkeit, in eigener Kraft das Böse zu überwinden.
Der Ausdruck: «dieser Leib des Todes» kennzeichnet treffend den hilflosen und hoffnungslosen Zustand, in dem er sich befindet. Aber wenn die Gnade Gottes ihn zu der klaren Erkenntnis dessen gebracht hat, was er ist, überlässt sie ihn nicht sich selbst, sondern vollendet ihr Werk, indem sie seinen Blick von sich weg auf Gott richtet und ihm den Retter zeigt, nach dem er sehnlich ausschaut.
25 Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!
So kommt es auf einmal über die Lippen des eben noch mit Angst und Schrecken Erfüllten. Wie ist diese wunderbare Wandlung bewirkt worden? Durch die einfache, aber wichtige Tatsache, dass dieser Mensch nicht mehr auf das blickt, was er für Gott ist oder sein sollte, sondern dass er sein Auge auf das richtet, was Gott für ihn ist durch Jesus Christus!
Zusammenbrechend unter der furchtbaren Last der Entdeckung, dass trotz allen Seufzens, Betens, Flehens und Ringens nur Fehler über Fehler, Enttäuschung über Enttäuschung sein Teil waren, gibt er endlich sich selbst als hoffnungslos bösen Fall auf und erkennt in Christus den, der nicht nur seine Schuld getragen hat, sondern auch sein Erretter aus dem furchtbaren Zustand geworden ist, in dem er sich befand.
Aber ist mit dieser Errettung von der Macht der Sünde das Fleisch im Gläubigen verändert oder gar beseitigt worden? Trägt er die alte Natur nicht mehr in sich? Es wäre eine verhängnisvolle Täuschung, so etwas zu denken, und der Geist Gottes hat Sorge getragen, uns davor zu bewahren, indem Er den Apostel die Worte hinzufügen lässt:
Also nun diene ich selbst mit dem Sinn dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde.
Aus dieser Schlussbemerkung des 7. Kapitels wird deutlich, dass, wenn der Gläubige das Fleisch wirken lässt, er dem Gesetz der Sünde dient. Wie können wir die Wirksamkeit des Fleisches unterdrücken? Nur dadurch, dass wir das neue Leben nähren. Das geschieht, wie wir in Lektion 4 gesehen haben, durch die Pflege der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus.
Möge der Herr es schenken, dass wir mit Petrus sagen können: «Die vergangene Zeit ist uns genug, den Willen der Nationen vollbracht zu haben» (1. Petrus 4,3). Was wir wünschen, ist, in der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit nach dem Willen Gottes zu leben.
1. Paulus hat in den vorangehenden Versen von Römer 7 dargelegt, dass das Gesetz gut ist, denn es kommt von Gott. Wie begründet er in Vers 14 die Tatsache, dass es nicht hilft, gottgefällig zu leben?
2. Wie schildert er in Vers 15 das Versagen eines Menschen, der das Gesetz erfüllen will?
3. Hat der Mensch einen guten Kern?
4. Mit welch niederschmetternden Worten wird das in Vers 18 festgestellt?
5. In Römer 6,6 benutzte Paulus den Ausdruck «der alte Mensch». Wie umschreibt er diesen alten Menschen in den Versen 17 und 20?
6. Bleibt die Sünde zeitlebens im Gläubigen?
7. Der Gläubige möchte das Gute tun, aber er schafft es nicht. Warum?
8. Nach langen inneren Kämpfen kann dieser deprimierte Mensch endlich danken. Worauf richtet er in Vers 25 seinen Blick?
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