1. Gott handelt souverän (1) (Kapitel 9,1-18)

In diesem Teil des Kurses über den Römerbrief werden wir die Kapitel 9 bis 11 behandeln. Das Thema dieser drei Kapitel lautet: «Der Weg Gottes mit Israel.»

In Kapitel 9 wird uns vorgestellt, wie Gott handelt. Er muss niemanden fragen. Er ist niemandem Rechenschaft schuldig. Er handelt nach seinem eigenen Willen. Er handelt souverän, gerecht und in Gnade.

Paulus hat in den ersten Kapiteln des Römerbriefs dargelegt, dass Juden und Heiden ohne Unterschied verlorene Sünder sind. Nur durch den Glauben an das Erlösungswerk von Jesus Christus können sie errettet werden. Aber was war nun mit den besonderen Verheissungen, die Gott den Juden gegeben hatte? Sind die nun hinfällig? – Nein, wir werden sehen, dass Gott alles erfüllen wird, was Er Abraham und seinen Nachkommen verheissen hatte.

1 Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, indem mein Gewissen mit mir Zeugnis gibt in dem Heiligen Geist,

In den ersten drei Versen erklärt Paulus seine tiefe Liebe zu seinem Volk. Er bekräftigt seine Zuneigung mit vier Ausdrücken:

  • Ich sage die Wahrheit
  • Ich lüge nicht
  • Mein Gewissen gibt mir Zeugnis
  • Ich rede im Heiligen Geist

2 dass ich grosse Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen. 3 Denn ich selbst, ich habe gewünscht, durch einen Fluch von dem Christus entfernt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch,

Der Zustand des Volkes, das seinen Messias verworfen hatte und auch die Predigt des Evangeliums ablehnte, machte Paulus tieftraurig. Er wünschte sogar, lieber von Christus entfernt zu sein, als dass sie verloren gingen. Aber das ist unmöglich. Das wusste Paulus. Aber wir erkennen in diesem Ausruf seine tiefe Liebe zu seinem Volk. Wer andere hasst, benützt jede Gelegenheit, um sie herabzusetzen. Die Liebe tut das Gegenteil. Paulus zählt einige Vorrechte des Volkes Israel auf:

  • Sie sind Israeliten. Ihr Stammvater Jakob bekam von Gott den Namen Israel. Das bedeutet Kämpfer Gottes.
  • Die Sohnschaft. Mose sagte zum Pharao: «Mein Sohn, mein erstgeborener, ist Israel; und ich sage zu dir: Lass meinen Sohn ziehen, damit er mir dient!» (2. Mose 4,22-23).
  • Die Herrlichkeit. Die Wolke der Herrlichkeit Gottes erfüllte die Stiftshütte (2. Mose 40,34) und dem Tempel Salomos (1. Könige 8,11).
  • Die Bündnisse. Gott schloss am Sinai einen Bund mit dem Volk. Das Volk hat die Bedingungen dieses Bundes gebrochen. Aber in seiner Gnade wird Gott in der Zukunft einen neuen Bund mit Israel schliessen (Jeremia 31,31-34).
  • Die Gesetzgebung. Am Sinai hat Gott seinem Volk das Gesetz gegeben. Das war ein einmaliges Vorrecht (Psalm 147,20).
  • Der Dienst. Das 3. Buch Mose enthält ausführliche Anweisungen für den israelitischen Gottesdienst. Kein anderes Volk besass einen solchen Opferdienst.
  • Die Verheissungen. Hier sind die bedingungslosen Verheissungen gemeint, die Gott Abraham gegeben hat (u.a. 1. Mose 22,16-18).
  • Die Väter. Das sind die Patriarchen Abraham, Isaak, Jakob; aber auch Mose und David.
  • Aus denen der Christus ist. Das ist das grösste Vorrecht. Der Herr Jesus wurde von einer israelitischen Frau geboren.

Im Gegensatz zu Israel hatten die Nationen (Heiden) gar keine Vorrechte. Nach Epheser 2,12 waren sie «ohne Christus, entfremdet dem Bürgerrecht Israels und Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheissung, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt.»

6 Nicht aber, dass das Wort Gottes hinfällig geworden wäre; denn nicht alle, die aus Israel sind, diese sind Israel, 7 auch nicht, weil sie Abrahams Nachkommen sind, sind alle Kinder, sondern «in Isaak wird dir eine Nachkommenschaft genannt werden.»

Gottes Wort wird nie ungültig, Er wird von keiner Entwicklung überrascht, Er muss sich nie korrigieren. – Gottes Verheissungen galten nicht allen Nachkommen Abrahams. Gott erwählte aus freier Gnade Isaak und nicht Ismael oder die Söhne der Ketura.

Die Juden meinten, die Verheissungen, die Gott Abraham zugesichert hatte, gehörten nur ihnen, und zwar einfach deshalb, weil sie seine Nachkommen waren. Aber schon Johannes der Täufer hatte sie darauf hingewiesen, dass das nicht stimmte. Er hatte sie aufgefordert: «Bringt nun der Buße würdige Frucht, und denkt nicht, bei euch selbst zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater; denn ich sage euch, dass Gott dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken vermag» (Matthäus 3,8-9).

8 Das ist: Nicht die Kinder des Fleisches, diese sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheissung werden als Nachkommen gerechnet. 9 Denn dieses Wort ist eine Verheissung: «Um diese Zeit will ich kommen, und Sara wird einen Sohn haben.»

Diese Verse zeigen uns, dass die Abstammung von Abraham kein Anrecht auf den Segen gab. Ismael war der Sohn des Fleisches, Isaak der Sohn der Verheissung. Die Berufung Isaaks gründete sich auf einen freien Entschluss Gottes.

Beachten wir indes: An dieser Stelle wird nicht davon gesprochen, ob die einen geglaubt hatten und die anderen nicht. Darum geht es im ganzen Abschnitt nicht. Nicht, dass der Glaube nicht wichtig wäre: ohne Glauben kann man Gott nicht wohlgefallen (Hebräer 11,6), ohne ihn gibt es keine Errettung (Apg 16,31). Aber hier geht es nicht um den Glauben des Einzelnen. Der Apostel will uns auf etwas ganz anderes hinweisen: auf die Souveränität oder Unumschränktheit Gottes!

10 Nicht allein aber das, sondern auch als Rebekka schwanger war von einem, von Isaak, unserem Vater, 11 selbst als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten (damit der Vorsatz Gottes nach Auswahl bleibe, 12 nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden), wurde zu ihr gesagt: «Der Grössere wird dem Kleineren dienen»; 13 wie geschrieben steht: «Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.»

Nun könnte man einwenden: Die Mutter Ismaels war eine ägyptische Sklavin; Isaak aber war von Sara geboren, der rechtmässigen Frau Abrahams. Doch wie verhielt es sich mit Rebekka? Sie war nicht nur keine Magd, sondern entstammte der Linie Abrahams. Esau und Jakob wurden von derselben Mutter zu derselben Zeit geboren – und doch sagt Gott zu Rebekka, noch ehe die Kinder geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten: «Der Grössere wird dem Kleineren dienen.» Warum? Weil Gott es so beschlossen hatte. Es war sein Vorsatz, sein unumschränkter Wille.

Der 13. Vers hat schon vielen Schwierigkeiten gemacht: Manche haben sich beim Lesen dieser Schriftstelle schon gefragt: «Gibt es denn bei Gott eine Zuvorbestimmung zum Bösen, zum Verlorengehen?» Aber lasst uns beachten, wann Gott diese Worte ausgesprochen hat. Wir finden sie bei Maleachi, dem letzten aller alttestamentlichen Propheten, der etwa 1400 Jahre nach der Geburt des Zwillingspaares lebte, zu einer Zeit also, als Esau längst seine böse, ungöttliche Gesinnung und seine Nachkommen, die Edomiter, ihre unversöhnliche Feindschaft gegen Israel offenbart hatten. Wir halten fest: Auch wenn Gott souverän handelt, ist der Mensch für sein Tun verantwortlich.

Nun zeigt der Apostel, dass Gott nicht nur bei der Auserwählung unumschränkt handelt, sondern auch, wenn Er begnadigt.

14 Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne! 15 Denn er sagt zu Mose: «Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme.» 16 Also liegt es nun nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.

Paulus stellt jetzt die Frage, ob Gott ungerecht handelt und beantwortet sie wieder mit einem «Das sei ferne!» Denn wenn Gott auf der Grundlage der Gerechtigkeit mit dem Sünder umgeht, ist er völlig verloren. Deshalb hat auch kein Mensch ein Recht, sich über Gott zu beschweren, ob Er nun Gnade erweist oder Gericht übt. Sowohl in seiner unumschränkten Gnade als auch in seinem Gericht gegen Gottlose handelt Gott immer gerecht.

Der Apostel beweist das nun anhand von zwei Beispielen.

Zuerst zitiert er 2. Mose 33,19. Gott sagte das zu Mose, nachdem Israel das goldene Kalb gemacht hatte. Hätte Gott in Gerechtigkeit gehandelt, dann hätte Er das Volk vollständig vernichten müssen. Aber Mose trat in rührender Weise für das Volk ein und erinnerte Gott an die den Vätern gegebenen Verheissungen. Auf die Fürbitte Moses hin vergab Gott seinem Volk. Er musste es zwar strafen, aber Er vernichtete es nicht.

Wie wunderbar ist das alles! Wenn der Mensch aufgrund seines Tuns hoffnungslos verloren ist und Gottes Zorn verdient hat, kann Gott doch seine freie, bedingungslose Gnade ausüben und die Schuld vergeben.

17 Denn die Schrift sagt zum Pharao: «Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erweise und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.»

Der Fall des Pharaos liefert uns das zweite Beispiel für das souveräne Handeln Gottes. Gott ist nicht nur «Liebe», sondern auch «Licht» (1. Johannes 4,8; 1,5). Er übt nicht nur Barmherzigkeit, sondern auch Gericht. Wenn die Gnade Gottes abgelehnt wird, ist Gericht die Folge.

Der Pharao war bereits böse, bevor Gott durch Mose und Aaron zu ihm redete. Und als Gott ihm sagen liess: «So spricht der Herr, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen, dass sie mir ein Fest halten in der Wüste!», widersetzte er sich hochmütig dem Willen Gottes: «Wer ist der Herr, auf dessen Stimme ich hören soll, Israel ziehen zu lassen? Ich kenne den Herrn nicht» (2. Mose 5,1-2). Gott erwies ihm viel Gnade, gab ihm viele Gelegenheiten zur Umkehr. Aber immer wieder verhärtete und verstockte er sein Herz, bis schliesslich Gott sein Herz verhärtete.

Gott war willens, diesen bösen und eigenwilligen Mann, der Gott und sein Volk verachtete, zu einem Denkmal seiner Macht und seiner Gerichte zu machen. Gott hat ihn nicht zuvor bestimmt, böse zu sein. Er war böse und schlug jede Warnung in den Wind. So nahm Gott seine Bosheit zum Anlass, um allen Menschen zu zeigen, dass man Ihm nicht ungestraft widerstehen kann. Gott ist auch darin souverän oder unumschränkt, sich im Gericht zu verherrlichen.

18 So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er.

Sowohl Israel als auch der Pharao waren böse. Wenn es nur um die Gerechtigkeit gegangen wäre, hätte Gott beide verdammen müssen. Aber es war sein Wille, die einen zu begnadigen. Kann Ihm dies jemand verwehren? Und es war gleichermassen sein Wille, den anderen zu verhärten. Ist Er darin ungerecht? Beides ist der Ausdruck der Souveränität Gottes. Er ist frei, so oder so zu handeln. Das müssen wir unbedingt anerkennen.

1. Gott handelt souverän. Was ist damit gemeint?

2. Wie kann man Gottes Handeln auch noch umschreiben?

3. Paulus liebte sein Volk. Was hatte er gewünscht, um sie zu erretten?

4. Welcher Führer Israels hat einmal einen ähnlichen Wunsch geäussert? (2. Mose 32,32)

5. Kann Gott einen solchen Wunsch erfüllen?

6. Was sagt Psalm 49,8 dazu?

7. Aus Römer 9,5 geht hervor, dass Jesus Christus Mensch und Gott ist.

  1. Welcher Ausdruck bezeugt, dass Er wahrer Mensch ist?
  2. Und welche Worte bestätigen, dass Er Gott ist?

8. Die Juden waren überzeugt, dass sie als Nachkommen Abrahams selbstverständlich Anrecht auf die Segnungen hatten, die Gott dem Patriarchen verheissen hatte. Wenn die Abstammung von Abraham das Kriterium wäre, wer hätte dann auch ein Anrecht darauf?

9. Hatten die Nationen (Heiden) irgendein Anrecht auf den Segen Gottes? 

10. Schon Johannes der Täufer hatte die Juden auf ihren Irrtum aufmerksam gemacht. Und in Johannes 8,37-39 wies Jesus sie auf den Unterschied zwischen «Abrahams Nachkommen» und «Abrahams Kinder» hin. Was kennzeichnet die «Kinder Abrahams» in Vers 39?

11. Woran erkennen wir das souveräne Handeln Gottes bei Jakob und Esau?

12. Ist diese Auserwählung eine Frage des Glaubens von Jakob oder Esau?

13. Bestimmt Gott gewisse Menschen zum Voraus dazu, verloren zu gehen?

14. Wann hat Gott gesagt: Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst?

15. Warum verwarf Gott den Esau? (Hebräer 12,16)

16. Wen benutzt Paulus, um Gottes souveränes Handeln im Gericht zu zeigen?

17. Hat Gott den Pharao böse gemacht?

18. Hat Gott das Herz des Pharos von Anfang an verhärtet?

19. Gab Gott dem Pharao die Möglichkeit zur Umkehr?

20. Was muss Gott tun, wenn ein Mensch seine Gnade abweist?

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