Gedanken über 1. Korinther 10,1-11

In den beiden letzten Versen des vorangehenden 9. Kapitels stellt sich der Apostel Paulus selbst – mit vollem Recht – als ein nachahmenswertes Beispiel vor uns hin. Er ist in Tat und Wahrheit das leuchtende Beispiel für einen Gläubigen, bei dem das, was er wirklich lebt, völlig in Übereinstimmung mit seinem Bekenntnis ist.

In den Versen 1-11 des 10. Kapitels kommt er auf die bekennende Christenheit, oder sagen wir besser, auf die blosse Namenchristenheit zu sprechen. Ein Bekenntnis – man ist getauft und konfirmiert oder kommuniziert – kann, wie aus dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen ersehen werden kann, von Leben aus Gott begleitet sein oder nicht.

Israel war unter der Führung der Wolke nach dem Land Kanaan aufgebrochen. Von den ersten Schritten durch die Wüste an war die Wolke sein Schutz am Tag und sein Licht in der Nacht gewesen. Sie war der Wohnsitz des Gottes der Herrlichkeit. Das ganze Volk war durch das Rote Meer hindurch gezogen, das Symbol des Todes Christi unter Gottes Gericht.

Was Wolke und Meer symbolisieren, finden wir nicht nur beim Volk Israel, sondern ebenso bei der Namenchristenheit. Beide kennen sowohl Gottes Führung (durch sein Wort) als auch das Heil, das durch das Blut des Erlösers erlangt werden kann. «Alle wurden auf Mose (d.h. auf Mose hin, im Hinblick auf Mose) getauft in der Wolke und in dem Meer» (Vers 2). Israel musste durch eine Taufe hindurch, die das Wort mit der christlichen Taufe vergleicht. Sie waren alle auf Mose als ihr Haupt oder ihren Führer getauft worden, d.h. sie hatten gewissermassen die Kleidung Moses getragen, wie der blosse Bekenner die Kleidung Christi trägt. Israel hatte Mose in der Wolke und in dem Meer angenommen. Das christliche Bekenntnis anerkennt einerseits als Herrn einen lebendigen Christus, der ihm Schutz und Licht ist, und anderseits einen gestorbenen Christus, auf den man getauft ist. Aber beachten wir, die Taufe ist nichts anderes als eine äussere Form des christlichen Bekenntnisses.

Israel hatte das Manna gegessen und das Wasser aus dem Felsen getrunken, was geistlicherweise nichts anderes vorstellt als den Sohn Gottes, der vom Himmel herabgekommen ist, um das Volk zu speisen, und den Heiligen Geist, der gekommen ist, um es zu tränken. An diesen Segnungen hat auch die Namenchristenheit Anteil, von der geschrieben steht, dass sie «die himmlische Gabe» geschmeckt habe und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sei (Hebräer 6,4).

Diese Stelle im Hebräerbrief spricht von den äusseren Vorrechten des Christentums, nicht von solchen, die von neuem geboren sind, also Leben aus Gott haben. Es geht da um den Genuss der Gegenwart und Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der Kostbarkeit des Wortes Gottes und seiner Machtentfaltung im Bereich des Christentums. All das konnten solche, die inmitten der Christen verkehrten, empfinden und kennen. Solche nahmen in einer äusserlichen Weise an den Vorrechten des christlichen Einflusses teil, und doch konnten sie ihr Bekenntnis wieder aufgeben und zum Judentum zurückkehren. Dieses Abfallen, von dem der Schreiber des Hebräerbriefes im 6. Kapitel spricht, ist nicht das Abgleiten eines wahren Gläubigen, sondern das Abfallen eines blossen Bekenners.

Was haben dem Volk Israel all diese äusseren Vorrechte gebracht? Haben sie das Volk zu erretten vermocht? Und werden die oben erwähnten Vorrechte die bloss bekennende Christenheit, die nur eine «Form der Gottseligkeit» hat (2. Timotheus 3,5), für die Ewigkeit erretten? Ach, von allen, die aus Ägypten ausgezogen waren, haben nur zwei Männer – und das waren wirklich Männer des Glaubens – den Jordan überschritten, um in das verheissene Land einzugehen!

Der Apostel fährt in 1. Korinther 10,11 fort: «Alle diese Dinge widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung.» Hier spricht Paulus zu solchen, die nicht blosse Bekenner sind, sondern Leben aus Gott haben. Jeder von ihnen wird vor die Frage gestellt: Ist das mein Fall? Begehrt mein Herz nach bösen Dingen? Finde ich meine Freude an zeitlichen Genüssen? Zweifle ich an der Liebe Christi? Bin ich unzufrieden und murre, wenn mir Prüfungen auf meinem Lebensweg beschieden sind?

Unsere ganze Verantwortlichkeit tritt hier vor unsere Augen.

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